virtuelle Präsentation der

Orgelbau-Anstalt von Wilhelm Rühlmann, Zörbig

mitteldeutscher Orgelbau 1842 - 1940


Schrickel

Der Orgelbauerkollege aus Eilenburg (Mulde)

Johann Nicolaus SCHRICKEL

(authored by Christian Schmidt)   


Der Orgelbauerkollege aus Eilenburg (Mulde)

Johann Nicolaus SCHRICKEL

(authored by Christian Schmidt)   


Im heute nordsächsischen Eilenburg entstanden um die Zeit der Firmengründung in Zörbig, zwei für die Region bedeutende Orgelbauwerkstätten. Die Werkstatt von

Johann Nicolaus Schrickel  * 15.03.1820 (Unterpörlitz b. Ilmenau)  - † 13.05.1893 (Eilenburg)       und von

Carl Conrad Geissler  * 18.05.1825 (Eilenburg) - † 24.05.1897 (ebenda) [ZfI 1896/97, S. 707].


Schrickel gründete sein Unternehmen bereits 1845 und Geissler 1852. Geissler und Schrickel waren Konkurrenten auf Lebenszeit. Beide waren im Bund deutscher Orgelbaumeister (BdO) vertreten. Ob Schrickel später die Werkstatt des Lehrmeisters übernahm, ist derzeit nicht geklärt. Denn der Meister L. Weineck verließ 1844 Eilenburg.


Beide Unternehmen existierten fast zeitgleich und parallel in der kleinen Muldestadt Eilenburg, die Stadt Martin Rinckart´s – dem Dichter und Komponisten des bekannten Liedes
„Nun danket alle Gott“.
Schrickel und auch Geissler fertigten in ihren Werkstätten zusammen fast 200 neue Instrumente, welche die mitteldeutsche Orgellandschaft entscheidend mit prägen. Beide blieben der mechanischen Schleifladen-Bauweise sehr verbunden, auch wenn kurzzeitig etwas neues ausprobiert wurde - mechanische Kegellade in Profen, Schöna. 


Beide wurden durch Friedrich Ladegast mit Neubauaufträgen bedacht, die sowohl in ihrem Opus-Verzeichnis als auch im Werkverzeichnis Ladegasts zu finden sind. Wilhelm Rühlmann hat das ebenfalls so praktiziert mit dem ihm anvertrauten Aufträgen (Wolfstein und Heimkirchen in der Pfalz ggf. auch Lohsa bei Bautzen)
Beide Orgelbaumeister durchliefen die selbe Lehre beim Altmeister in Eilenburg - 
Louis (Ludwig) Weineck. (* 15.12.1809 Naumburg – † 04.11.1884 Bayreuth).
Conrad Geissler ging auf Wanderschaft zu einigen namhaften Orgelbauern wie Mende/Leipzig, Ullmann/Wien; Mearz/München; Ladegast/Weißenfels und besonders E.F. Walcker/Ludwigsburg.

Das starre Festhalten an der Mechanik zwang viele kleinere Unternehmen zum Aufgeben und es setzte sich die Neuerung, Pneumatik, durch. Die verbliebenen größeren Unternehmen folgten diesem modernen Trend.

Vermutlich war auch Schrickel ebenfalls kurzzeitig Geselle bei Ladegast und er baute ausschließlich mechanische Schleifladeninstrumente.
Nicolaus Schrickel begann gleich mit dem Orgelbau. Er befand sich durch seine Anstellung beim niedergelassenen Orgelbauer Ludwig Karl Ernst Weineck, 1839, in Eilenburg. Weineck baute die Orgel der Stadtkirche bis 1844, II/38, dann verließ er Eilenburg und heiratete nach Bayreuth ein.

Schrickel machte sich dann in Eilenburg selbstständig. Ob die Räumlichkeiten von Weineck genutzt wurden ist noch nicht geklärt.

Dem Adressbuch nach, befand sie die Schrickel-Werkstatt in der Torgauer Str. 19.

Neben dem Orgelbau war er auch als Bildhauer tätig. Er gestaltete Altäre, Orgelgehäuse (auch gern mit Selbstportrait) und Kanzeln.

Schrickel sein Schwerpunkt lag meist im Umbau, Reparaturen und Neubau kleinerer Orgeln. Somit gibt es "nur" über 70 neue Orgelneubauten. Geissler hingegen erschuf um 70% mehr Neubauten (theoretisch).

In den Jahren 1868 bis 1871 bestand eine Zusammenarbeit zwischen dem Meister Ladegast, welcher mit Aufträgen überhäuft war, übergab den aufstrebenden Orgelbauwerkstätten Rühlmann und Schrickel mehrere Aufträge. Auch OBM Geissler wurde bedacht, sowie einige weitere seiner ehemaligen Schüler.

Heute wird Geissler als der! Eilenburger Orgelbauer genannt, Schrickel wird geringschätzig behandelt, dass stimmt aber so nicht ganz – auch hier habe ich Forschungsarbeit geleistet und Instrumente besichtigt. Kleine und mittelgroße Orgeln bilden das Œuvre. Interessant ist die Mechanik; Schrickel experimentierte mit mechanischen Oktavkoppeln und anderen Spielereien, wie Schwebungen für einzelne Flöten und heute unüblich anmutende Registereinschaltungen und andere technische Neuerungen (z.B. Verwendung von Rundabstrakten). Klanglich differenzieren sich beide:

  • Geissler besitzt fundamentale Register, kaum zarte Stimmen, herbe Flöten, eine relativ grobe Intonation und massive Mechanik. Der Klangstil wurde einfach gehalten (bäuerlich).
  • Schrickel ist mechanisch spielerischer, intonatorisch aber überlegen. Liebevoll abgestufte Flöten, kunstvolle Principale, zukunftsweisende scharfe Streicher- die erst um 1910 aufkamen, und dazu kraftvoll strahlende Mixturen- auch bei kleinen Instrumenten. Er vereinte die sächsisch-thüringische Klangkunst.
    Hier ist noch viel Unentdecktes! Reichverzierte Gehäuse sind stilprägend für ihn. Dazu freistehende Spieltische mit Registerzügen deren Enden komplett aus Porzellan gefertigt sind. Interessant sind auch die rund gedrechselten Flöten in fast jeder kleinen Dorforgel.

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